Ist Yoga beweglich zu sein?
Du liegst in der Yogaklasse auf deiner Matte und alle heben das Bein nach senkrecht. Doch deines ist immer noch leicht gebeugt und auch nicht senkrecht zur Zimmerdecke. Bist du fortgeschritten im Yoga wenn das und anderes möglich ist ? Ich höre das so oft. Yoga ist nichts für mich, ich bin sehr unbeweglich. Aus der Vorstellung, im Lotussitz zu sitzen, auf dem Kopf zu stehen oder sich in Vorbeugen wie ein Blatt Papier zu falten. Oftmals wird das auch so dargestellt mit den perfekten Menschen in den perfekten asanas. Eine Motivation sich in einem Yogakurs anzumelden entspringt manchmal aus dem Wunsch sich selbst so auf der Yogamatte bewegen zu können. Welche Art von Perfektion suchen wir?
Was wäre wenn es um die Erfahrung der Bewegung und ihrer Grenzen geht? Um eine Form von zuhause sein im Körper? Dann dürftest du dich einlassen auf den Moment, in dem dein Bein an der Bewegungsgrenze angekommen ist und in das SEIN eintreten anstatt dich im MACHEN abzuarbeiten. Dieser Moment kann ein ganzes Universum sein. Und wer weiß, vielleicht kannst du die Begleiterscheinung erleben, dass dein Bein an Spannung nachgibt und es sich zu strecken beginnt.
Wenn du dich einen ganzen Tag lang in deinen Bewegungen beobachtest und am nächsten Tag wieder- gibt es viel Neues am nächsten Tag? Ehrlich? Manchmal langweilen wir uns selbst in unseren verstaubten, alltäglichen Bewegungsmustern. Und vielleicht auch im den alltäglichen Gewohnheiten. Und im sich wiederholenden Gedanken und Gefühlen. Vielleicht kennst du auch die Sehnsucht nach Neuem? Und ich denke das Leben ist kein Lagerplatz sondern eine Reise und das einzig konstante ist die Veränderung. Diese Reise machen wir im Körper mit den Organsystemen, der Körperchemie und dem ganzen Wunderwerk. Mit diesem Wunderwerk betreten wir jeden morgen den neuen Tag. Neue Bewegungsmuster stretchen den authentischen Ausdruck. Denn du bist heute wieder NEU. Und das Leben drückt sich durch DICH aus. Was wäre wenn du alte Überzeugungen, nur so und so seien Bewegungen perfekt, hinter dir lässt und DICH entdeckst? Den Staub abschüttelst und die Frische erlebst weil du heute dich selbst lebst?
Ist Yoga ein asana zu meistern?
Next level, das folgt unmittelbar nach dem Meistern einer Aufgabe. Unser Verstand lädt uns hier zu linearem Denken ein. Geschafft- weiter, Ein großer Teil unserer Konditionierung und unseres Alltags ist darauf ausgerichtet. Wo in deinem Leben findest du das? Was wäre wenn das next level nicht in höher weiter und besser definiert wäre? Sondern sich in eine Richtung erstreckt, die du erst mal nicht vermutest. In einer Richtung in der hinter jeder Tür viele weitere „Erfahrungstüren“ aufgehen.
Am Anfang lernst du ´how to´ dieses asana. Das Bein dahin, der Fuß im rechten Winkel zu…. usw. Eine gute Yogaanleitung gibt dir erst mal die Basics. D.h. physiologisch sicheres und sinnvolles ankommen in der Haltung. So dass dein Knie in Sicherheit ist, dein Nacken, deine Hüfte und alles andere. Am Anfang bist du damit vollkommen beschäftigt. Mit der Zeit wird diese Haltung vertrauter und du hast neue Kapazität der Wahrnehmung. Wenn deine Yogaanleitung diesen Moment erkennt gibt sie dir weitere Details. Wie interpretierst du das? Details damit du noch ein wenig weiter und perfekter in die Haltung gehen kannst? Damit es noch perfekter aussieht? Das ist das lineare Denken deines Verstandes.
Wohin die Reise jetzt hingehen kann ist nach innen. Du kannst detaillierter wahrnehmen. Die Haltung wird interessanter und facettenreicher. Für das äußere Auge kann es sein, dass dein Arm, dein Bein, deine Vorbeuge „weiter“ reicht, aber das ist deine Begleiterscheinung. Eine schöne und angenehme, das gebe ich gerne zu. Dein asana, immer und immer neu wiederholt lädt dich zum next level nach innen ein. Zu einer Erfahrungsvielfalt voller Überraschungen und Staunen.
Ist Yoga den Atem anzuhalten ?
„beuge dich mit der nächsten Ausatmung vor und richte dich einatmend wieder auf“ So und ähnlich lauten die Ansagen auf der Yogamatte. Warum? Warum ist die Atmung eine so elementare Säule in der Praxis von Yoga? Welche Rolle spielt die Atmung in deinem Leben? Ja, eine elementare, grundlegende ! Bei mir auch! Auf Essen könnte ich eine ganze Weile verzichten, auf Wasser nicht ganz so lang und auf den Atem nur einen sehr kurzen Moment. So ist die Atmung immer der erste „Hebel“ an dem wir ansetzen wenn wir etwas bewegen wollen. Im Alltag vergessen wir das oft und suchen zuerst nach tausend Dingen im Außen die wir verändern wollen. Dann wirbeln wir in wildem Aktionismus rum und versuchen an sämtlichen äußeren „Schrauben zu drehen“. Leider auch manchmal an unseren Mitmenschen.
Der elementarste und nächste Hebel ist die Atmung. Sie ist am nächsten dran an der Lebendigkeit. Sie ist in deinem Körper, Denken, Fühlen, und in deinem Energieniveau. Sie kennt sich auch aus in deinen feinstofflichen Ebenen. Und sie kann alles miteinander verbinden. Sie ist der Fluid mit dem wir uns als GANZES Wesen erleben können.
Auf der Yogamatte nutzen wir diesen Fluid ganz bewusst. In der Verbindung von Atem und Bewegung und im Erleben der Atmung selbst. Ein Atemzug besteht aus den Aspekten Ein-Atemfülle- Aus- Atemleere, die wir alle nutzen für Erfahrung. Eine gute Yogaanleitung hilft dir deine Atmung zu entdecken und sie für dein Energieniveau zu nutzen. Ja, Atem anhalten ist Teil von Pranayama ( Atempraxis im Yoga). Jedoch als Erfahrung wenn es leicht und frei möglich ist. Pranayama ist die Einladung der Lebendigkeit. Und eine Einladung ist immer freundlich und liebevoll.
Ist Yoga weniger im Stress zu sein ?
„Gestresst? Dann buchen Sie einen Yogakurs“. Das hören und lesen wir überall. Vielleicht kennst du das, du legst dich in die Rückenlage und wirst zu einer Körperreise und Entspannung eingeladen und deine Gedanken spielen nun erst recht „wilde Affen“. Das Thema Stress ist sehr komplex und es gibt viele Formen. Vielfach handelt es sich um einen gesellschaftstypischen latenten Dauerstress. Das Stresslevel ist schon Gewohnheit. Es scheint ein „normaler, zum Leben dazugehörender“ Zustand zu sein. Meist nehmen wir dieses Stressniveau erst wahr wenn der Körper muckt oder wir nicht mehr schlafen oder uns konzentrieren können. Dies und andere Symptome sind häufig Gründe um einen Yogakurs zu buchen.
Kann Yoga dies leisten? Die mentalen Bewegungen und Anforderungen sind manigfaltig und auf Hochtouren und die körperliche Aktivität dabei oft extrem runtergefahren. Ein weit verbreitetes Symptom ist es sich abgeschnitten zu glauben von der eigenen inneren Kraftquelle. Es zeigt sich in Form von „innerer Leere“ und kann sehr schmerzhaft sein. Kennst du das ?
Wenn du im asana auf deiner Yogamatte dein Bein hebst, gleichzeitig bewusst atmest, mit deiner ganzen Achtsamkeit dabei bist, mental und emotional, veränderst du dein Energieniveau. Das sind die drei Ebenen auf denen du etwas machen kannst. Wenn sich dein Energieniveau verändert merkst du wieder was du noch alles bist und kommst wieder auf Ideen. Impulse für deinen nächsten Schritt. Dieses Zusammenspiel und diese Gleichzeitigkeit lässt Infos durchkommen von deinem inneren Wissen und von deiner innersten Essenz. Denn das bist du auch, nicht nur Körper und Verstand. Vielleicht kennst du das wie es sich anfühlt das zu vergessen. Yoga ist ein Weg zu deinen Lösungen aus deinem GANZEN SEIN heraus. Denn Leben ist mehr.
herzlichst Marietta